Mit einer feierlichen Preisverleihung endete am Freitag die 47. Ausgabe des vom DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum veranstalteten LUCAS-Filmfestivals. PUFFIN ROCK AND THE NEW FRIENDS, WE GROWN NOW und THE OTHER SON erhalten Auszeichnungen als international beste Langfilme für junges Publikum. Der Kurzfilm THE STORM IN HER HEART wurde mit dem Preis für eine außergewöhnliche cineastische Leistung geehrt. Die Preise für die besten Kurzfilme gehen an GAME RULES im Wettbewerb »Kids« und GIRL NO. 60427 im Wettbewerb »Teens«. Festivalleiterin Julia Fleißig beglückwünschte die Preisträger:innen im Kino des DFF.
Preisträgerfilme der Langfilmwettbewerbe
Wettbewerb »Kids«
Preis für den besten Kurzfilm (2.000 €)
GAME RULES (SE 2024. R: Christian Zetterberg)
Theos Handballmannschaft spielt am liebsten als gemischtes Team. Doch beim großen Turnier gilt strikte Geschlechtertrennung und Theo muss sich einordnen. Als die gegnerische Trainerin Beschwerde einlegt, stehen Erfolg und Würde auf dem Spiel.
Begründung der Jury im Wettbewerb »Kids«
Sich immer an die Vorgaben zu halten, wird nicht jeder Situation gerecht. Im Handball-Turnier werden die Spielenden nach Geschlecht getrennt. Das kann das breite Identitätsspektrum nicht abbilden. Die Hauptfigur Theo navigiert dabei zwischen der eigenen Identität und den gesellschaftlichen Erwartungen. Der Film schafft es, ein komplexes Thema erfahrbar zu machen und auf präzise Weise eine Situation zu zeigen, in der das richtige Handeln nicht sofort deutlich wird. Was ist fair? Letztlich will das Team nicht nach den vorgegebenen Regeln spielen und macht sich für Theo stark.
Preis für den besten Langfilm (5.000 €)
Gestiftet von der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen
PUFFIN ROCK AND THE NEW FRIENDS (GB/IE 2023. R: Jeremy Purcell)
Von überall her zieht es jedes Jahr Papageientaucher auf die kleine Insel Puffin Rock vor der irischen Küste. Dieses Mal ist auch Isabelle unter den Neuankömmlingen. Weil ihre Heimatinsel nicht mehr bewohnbar ist, musste sie diese mit ihrer Familie für immer verlassen. Immerhin wird ihr gleich eine wichtige Aufgabe anvertraut: Sie soll ein Ei bewachen. Doch das verschwindet auf einmal spurlos. Und dann zieht auch noch ein heftiger Sturm auf. Sehr behutsam erzählt der Animationsfilm von Freundschaft und Zusammenhalt, aber auch von Fluchterfahrungen und Zugehörigkeit.
Begründung der Jury im Wettbewerb »Kids«
Zunächst möchten wir allen Filmen, die wir gesehen haben, ein großes Lob aussprechen! Sie sind allesamt besonders und wir hatten eine tolle Zeit mit diesem Wettbewerb im Kino. Der Film, der es schließlich ganz nach oben geschafft hat, hat wichtige wie komplizierte Themen für das jüngste Publikum anschaulich gemacht. Freundschaften muss man pflegen, es ist schwer, seine Heimat zu verlieren und sich neu und ganz allein zurecht zu finden, Fehler können passieren, aber man muss zu ihnen stehen. All das erzählt unser Favorit PUFFIN ROCK spannend, harmonisch und nachvollziehbar, nicht nur für die Jüngsten, sondern auch für uns – in einem wunderschönen Animationsstil.
Wettbewerb »Teens«
Lobende Erwähnung Kurzfilm
ALONE TOGETHER (IR 2024. R: Omid Mirzaei)
Der Atem stockt, der Puls schlägt bis in den Hals: Reihe für Reihe kontrolliert ein Polizist die Busreisenden an der Grenze zum Iran. Unter ihnen ein zehnjähriger Junge, scheinbar allein unterwegs. Ein belastender Fund zwingt ihn ins Verhör.
Begründung der Jury im Wettbewerb »Teens«
Als Jury haben wir es uns vorgenommen, ‘Lobende Erwähnungen’ nicht leichtfertig zu vergeben. Vor allem der Kinderdarsteller hat uns verblüfft. Schon in der ersten Szene konnte man sich durch sein Schauspiel mit ihm identifizieren. Schnell wurde man in einen andere Realität hineingezogen; die eines kleinen Jungen, der in einer schwierigen Situation steckt. Themen wie Gerechtigkeit, Verantwortung und Familie werden durch die Charaktere dargestellt und vermittelt, was den Film für die Welt relevant macht.
Preis für den besten Kurzfilm (2.000 €)
GIRL NO. 60427 (IL 2022. R: Shulamit Lifshitz, Oriel Berkovits)
– Deutschlandpremiere bei LUCAS –
Reut findet eine geheime Schublade, in der ein Tagebuch versteckt liegt. Es gehört ihrer Großmutter. Als Reut es liest, wird aus dem Urlaub bei ihrer Großmutter ein prägendes Erlebnis und ihr Verhältnis zu ihr für immer verändert.
Begründung der Jury im Wettbewerb »Teens«
Wir verleihen den Award für den besten Kurzfilm an einen sehr ergreifenden und wichtigen Film. Wir mochten die Art der Animationen. Sie zeigten, dass die schreckliche Vergangenheit uns die Augen öffnen soll und man über die Geschichte des Holocaust reden und sich informieren muss. Der Film zieht einen von der ersten Minute an in seinen Bann. Alle Jury-Mitglieder waren sich einig, dass dieser Film einen Preis bekommen muss.
Preis für eine außergewöhnliche cineastische Leistung (2.000 €)
THE STORM IN HER HEART (CN 2024. R: Yibei Li)
– Deutschlandpremiere bei LUCAS –
Der Sommerurlaub erweckt in Xiaoyue ein Meer aus Emotionen. Während sie mit Nostalgie auf den von Klippen umgebenen Fluss als vertrauten Ort der Entspannung blickt, erwachen Gefühle der Lust. Zu einem Klienten ihres Vaters entsteht eine verwirrende Beziehung: Magisch, aber auch gefährlich.
Begründung der Jury im Wettbewerb »Teens«
Wir haben den Anspruch für diesen Preis für uns als eine besondere Leistung im Bezug auf audiovisuelles Geschichtenerzählen definiert, also in den Bereichen Ästhetik, Technik und Kinematographie; was man sieht, fühlt und hört. Ein Film stach uns ins Auge. Obwohl es kaum Dialoge gab, hat der Film eine große Bedeutung und erzählt die Geschichte einer jungen Person, die ein neues Leben beginnt, nachdem sie verniedlicht und unterminiert wurde. Der Film behandelt Themen von Veränderung, Unabhängigkeit und Gleichberechtigung. Durch Nahaufnahmen und deren Farbpaletten hat man das Gefühl, man würde ein Gedicht ansehen. Die Motive waren detailliert, was uns in den Film eintauchen ließ.
Preis für den besten Langfilm (5.000 €)
WE GROWN NOW (US 2023. R: Minhal Baig)
– Deutschlandpremiere bei LUCAS –
Fliegen lernen. Gar nicht so einfach, wenn man im Cabrini-Green-Wohnprojekt aufwächst, einem sozialen Brennpunkt in Chicago. Während Michael Jordan im Sommer 1992 zu einer weltbekannten Größe wird, träumen die Freunde Eric und Malik vom Sprung in eine hoffnungsvolle Zukunft. Aber wie soll man fliegen lernen, wenn die Welt einem Fesseln anlegen will? Und was wird aus einer Freundschaft, wenn plötzlich einer der beiden Freunde wegziehen muss?
Begründung der Jury im Wettbewerb »Teens«
Für uns gab es einen Langfilm, der uns auf allen Ebenen überzeugt hat. Er erzählt eine emotionale Geschichte über eine Freundschaft zwischen zwei Jungen, die in einer schlechten Zeit an einem schlechten Ort entsteht und sie mit verschiedenen Zerreißproben konfrontiert. Themen wie den eigenen Träumen zu folgen, Identität, Herkunft und die Unabhängigkeit von den Eltern werden in dem Film behandelt. Des Weiteren waren wir beeindruckt von der Kameraführung, dem Setdesign und anderen Ebenen des Filmemachens. Wir finden dass die Kernpunkte des Films sehr gelungen umgesetzt wurden und wichtig für Teenager sind.
Wettbewerb »Youngsters«
LUCAS »Youngsters« Award (5.000 €)
THE OTHER SON (CO/AR/FR 2023. R: Juan Sebastián Quebrada)
– Deutschlandpremiere bei LUCAS –
Jung, frei und berauscht sind Simón, sein Bruder Federico und dessen Clique auf dem Weg zu einer Party. Doch die ausgelassene Party endet in einer Katastrophe und nichts ist mehr, wie es war: Simón ist tot. Wie soll Federico mit diesem Verlust umgehen? Am liebsten möchte er, dass alles normal weitergeht. Nur Laura, die Ex-Freundin seines Bruders, scheint ihn zu verstehen. Langsam kommen die beiden sich näher.
Begründung der Jury im Wettbewerb »Youngsters«
Es war sehr schwer, einen Film als Gewinner auszuwählen, nicht nur weil sie so unterschiedlich sind, sondern auch weil sie alle so toll sind. Letztendlich haben wir uns für diesen Film entschieden, weil sich die Geschichte so real anfühlte und das Thema für unsere Altersgruppe so relevant ist. Nachdem wir den Film gesehen und im Filmgespräch mit dem Regisseur die Hintergrundgeschichte gehört hatten, fühlten wir uns so sehr mit den Gefühlen und Erfahrungen der Figuren verbunden. Die Schauspieler:innen waren unglaublich, und die Filmaufnahmen unvergesslich.
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ECFA-Award
SAVAGES (CH/FR/BE 2024. R: Claude Barras)
Die elfjährige Kéria rettet mit ihrem Vater an seinem Arbeitsplatz, einer Palmölplantage, ein Orang-Utan-Baby. Zugleich kommt ihr Cousin Selaï bei ihnen unter, da ein Großunternehmen den Lebensraum seiner Familie zerstören will, um Palmöl zu produzieren Der stylischen Kéria ist der indigene Verwandte erstmal peinlich, doch bald entdeckt Kéria ihre Wurzeln und gerät mitten in den Konflikt mit dem Großkapital.
Begründung der ECFA-Jury
Ein authentisches, reichhaltiges Sounddesign, eine Leidenschaft für die Darstellung von Details und einzigartige Charaktere nehmen das Publikum mit auf eine Reise. Der Film fängt sowohl persönliche als auch kollektive Kämpfe ein. Er ist gewagt und relevant in seinem Thema und Stil. Er macht ein sehr komplexes Thema für ein junges Publikum greifbar – Gratulation an Regisseur Claude Barras und sein gesamtes Team für SAVAGES, einen herausragenden Animationsfilm.
Bridging the Borders Award: Lobende Erwähnung
MILCH INS FEUER (DE 2024. R: Justine Bauer)
Was hält das Landleben für junge Menschen bereit? Die 17-jährige Katinka will Bäuerin werden. Den Hof erben aber bekanntlich die Männer und das Milchgeschäft rentiert sich schon länger nicht mehr. Woanders will Katinka nicht hin, denn hier hat sie Natur, Tiere und ihre Freundinnen. Wo andere keine Zukunft sehen, versucht Katinka, sich eine zu bauen, den Traditionen zum Trotz.
Bridging The Borders Award
FOREIGN LANGUAGE (FR/DE/BE 2024. R: Claire Burger)
Fanny aus Frankreich fährt für einen Schulaustausch nach Leipzig. Ihre Partnerin ist Léna, die sich danach sehnt, im politischen Aktivismus aufzugehen. Fanny fühlt sich von Léna angezogen und tut alles, um ihr zu imponieren. Nach anfänglicher Skepsis kommen sich die zwei jungen Frauen schließlich näher. Zu Beginn noch freundschaftlich, verändert sich die Gefühlslage zwischen den beiden auf einer Party. Eine deutschfranzösische Liebeserklärung, die zugleich die Zukunftsängste der Generation Z einfängt.
Publikumspreis
LARS IS LOL (NO 2023. R: Eirik Sæter Stordahl )
Zunächst nur widerwillig sagt Amanda zu, ihren neuen Mitschüler Lars im Schulalltag zu unterstützen. Er hat das Down-Syndrom. Schon bald bemerkt sie jedoch, dass Lars und sie mehr vereint als zunächst angenommen – ganz besonders ihre Liebe zu Harry Potter. Doch Amanda lässt sich von den Meinungen der vermeintlich „coolen Kids“ beeinflussen und setzt dabei ihre Freundschaft zu Lars aufs Spiel. Mobbing ist die Folge. Ob er ihr vergeben kann?