Kritikfenster
Filmkritiken der Teilnehmer:innen
Welcher Film ist toll, welcher nicht – und vor allem: Warum? Kritiken schreiben, das heißt stilsicher und überzeugend die eigene Meinung formulieren, und genau das steht beim Kritikfenster auf dem Programm. Während des Festivals sichten Ronja, Sabrina und Stine mehrere Wettbewerbsfilme und gehen dann in Workshops mit Filmpädagogin Lara Verschragen deren inhaltlicher und ästhetischer Gestaltung auf den Grund.
Filmkritik zu FALCON LAKE
„Riskantes Spiel“ von Ronja, 13 Jahre
Einsam läuft ein Junge den Waldweg entlang. Es ist still. Außer dem leisen Rascheln der Blätter unter seinen Füßen hört man nichts. Die Spannung steigt, als ein Knacken ertönt. Der Junge bleibt stehen – nichts. Er geht weiter. Die Musik schwillt an… Dann springt mit einem Schrei plötzlich ein Mädchen aus dem Gebüsch – und beschert dem Zuschauer damit einen halben Herzinfarkt. Von solchen Szenen gibt es viele in dem 2022 erschienenen Spielfilm FALCON LAKE. Aber genauso viele, in denen nach dem Spannungsaufbau gar nichts passiert. Ein riskantes Spiel der Regisseurin Charlotte Le Bon, bei dem man sich hinterher vielleicht sogar ein bisschen veräppelt fühlt.
Der Junge heißt Bastien. Er verbringt mit seiner Familie die Sommerferien in Kanada bei Freunden seiner Eltern. Bald schon lernt er auch deren Tochter Chloé kennen, mit der er, obwohl sie mit ihren 16 Jahren drei Jahre älter als er ist, nun viel Zeit verbringt. Ein zentraler Handlungsort ist dabei der Falcon Lake, ein großer See, in dem laut Chloé sogar schon einmal jemand gestorben ist. Auch sonst begleitet den Film eine eher düstere Stimmung. Die Farben der Bilder sind entsättigt und die Geschichte spielt oftmals nachts. Zuschauer, die mit Tod, Selbstverletzung und Suizidgedanken nicht klarkommen, sollten auf den Film verzichten. Doch auch die filmische Darstellung scheitert in einigen Punkten. Übertrieben viel Alltag in der Handlung und kein wirklicher Spannungsbogen erschweren dem Publikum, den roten Faden zu finden. Das können auch die ganzen kleinen, versteckten Andeutungen und die realistisch erdachten Figuren nicht ändern. Wer sich einen klassischen Hollywood-Blockbuster wünscht, ist hier also definitiv falsch.
Aber auch ohne roten Faden überzeugt der Film durch glaubhaftes Schauspiel der beiden Protagonisten, sowie der reizvollen Annäherung des anfangs schüchternen Bastien und der äußerlich so coolen Chloé. Eine interessante Kombination aus Liebe, Tod und der spannenden Welt des Erwachsenwerdens.
„Und dann kam nichts“ von Sabrina, 13 Jahre
“I don‘t look dead enough“ – Das schreit Chloé, als sie so tut, als wäre sie tot, doch Bastien lässt sich nicht so einfach veräppeln und weiß ganz genau, dass sie nur so tut als ob. Ihr Freund Bastien ist ein 13-jähriger Franzose und kam mit seiner Familie über die Ferien nach Canada. Bastien und Chloé wohnen zusammen, da ihre Mütter sehr gut befreundet sind. Am Anfang fühlen sich alle wohl und freuen sich schon, die Zeit in Kanada zu verbringen, doch das Ende der Ferien beweist, dass sich alles auch ganz schnell ändern und zu einer Erinnerung fürs Leben werden kann. Sowohl positiv als auch negativ.
Die 16-jährige Chloé trifft sich gerne und häufig mit 19-jährigen Jungs, zusammen trinken sie auch mal 2–3 Flaschen Bier oder Wein. Auch Rauchen steht bei ihnen ganz oben auf der Liste. Einer von mehreren Abenden, die Bastien, Chloé und die Jungs zusammen verbringen, verändert sowohl das Leben von Bastiens Familie als auch von Chloé.
Es irritiert mich, wenn in manchen Szenen die langsame und Angst bereitende Musik ansteigt, doch dann nichts kommt und nichts passiert. Je aufmerksamer ich mir den Film anschaue, desto mehr fallen mir bildliche Hinweise auf, die auf das Ende deuten. Was ich ganz toll finde, ist, dass der Film in einem schmalen Bildformat präsentiert wird. Auch die Szenen an sich wirken blass, was den Film älter wirken lässt. Das mag ich besonders gerne.
Der Film ist ab dem Alter 13 geeignet, da im Film Szenen vorkommen, die jüngere Kinder auf die Idee bringen könnten es nachzumachen. Letztendlich ist der Film für Menschen mit Geduld am besten geeignet, da man erst am Ende die ganze Geschichte abschließen kann und dann auch alles verständlicher wird.
„Jagged Vacance“ von Stine, 15 Jahre
„Holocene“.
So würde ich FALCON LAKE beschreiben. „Holocene“ von Bon Iver. FALCON LAKE ist die visuelle Umsetzung des Liedes. Besser kann man die Stimmung des Films nicht beschreiben. Das Lied könnte sich wie ein Schatten über den Film legen, ohne dass es die Wirkung der dichten Atmosphäre verändern würde.
Bastien ist die Hauptfigur des Films und besucht mit seiner Familie ein Ferienhaus im französischsprachigen Kanada. Dort lernt er die drei Jahre ältere Chloé kennen, die ein obsessives Interesse am Tod hat. Aus ihrem Kennenlernen entwickelt sich schnell eine Abhängigkeit zwischen den beiden, die Unwohlsein bei den Zuschauer*innen auslöst und sie trotzdem fesselt.
Bastien möchte Chloé beweisen, dass er innerlich älter ist, als er eigentlich ist, und macht so alles mit, was Chloé ihm aufgibt. Abends bricht Chloé häufig an ihrer Stärke, die sie nach außen hin zeigen will, und Bastien tröstet sie im dunklen Zimmer, das sie sich teilen.
Alle Szenen des Films wirken, als wären sie aus einem Polaroidbild entstanden und ähneln einer filmischen Darstellung eines hyperrealistischen Kunstwerkes. Außerdem spielen die Gestalter*innen des Films mit dunkeln Farben. Sie nutzen die Dunkelheit als Instrument, das den Zuschauer*innen Angst vor dem Abend und der damit einsetzenden Dunkelheit macht. Die Szenen und Einstellungen sind lang und gehen fließend ineinander über, sodass sie auch zu der unangenehmen Ruhe des restlichen Films passen. Die Stärke des Films ist auch seine größte Schwäche: Es passiert nichts. Aber doch so viel. Ein eindeutiger Spannungsbogen ist nicht zu erkennen, sondern nur ein Spiel zwischen Tag und Nacht. Zwischen Hell und Dunkel. Zwischen Genießen und Angst haben, was als Nächstes passiert.
Genau wie Chloe und Bastien möchte auch der*die Zuschauer*in im Geschehen verschwinden und untertauchen. Man verliebt sich fast in die Beziehung der beiden, doch fürchtet sich genauso davor, welche Auswirkungen der Gruppenzwang unter zwei Personen in Zukunft haben wird. Am Ende des Films erkennt man, dass beide Charaktere noch unreif sind und durch Alkohol, Lügen, Sex und vor allem Tod ihr Umfeld und sich selbst täuschen wollen, um erwachsener rüberzukommen. Geduldige Menschen werden den Spannungsbogen mögen: Er arbeitet mit Ruhe, die immer wieder von einer Geräuschkulisse aufgebrochen wird, die vorwegnimmt, dass in den nächsten Sekunden etwas passieren wird. Doch genau mit diesem Klischee spielt der düstere Film.
Filmkritik zu THE SLEEPING BEAST
„Wenn Kinder zu Monstern werden” von Ronja, 13 Jahre
Davon erzählt der Film THE SLEEPING BEAST von Jaak Kilmi. Doch zugleich von Gruppenzwang und verzweifelter Gewalt. Schön Ideen, bei denen die Umsetzung leider gescheitert ist.
Der 10-jährige Kristjan wohnt mit seiner Mutter und seinem großen Bruder in einem Dorf in Estland, genauso wie die befreundeten Nachbarskinder. Als ihren besten Spielort haben sie das verlassene Fabrikgebäude ganz in der Nähe auserkoren. Doch dann taucht eines Tages ein alter Mann auf und verbietet den Zutritt. In dem Versuch, ihren „Spielplatz“ wiederzubekommen, handeln die Kinder immer verzweifelter und, zumindest für mich als Zuschauer, immer unrealistischer.
Eine kurze Geschichte mit einer naheliegenden Lösung wird auf 101 Minuten gestreckt. Nicht nur einmal passiert quasi dasselbe. Vor allem das unlogische Verhalten der Charaktere und die vielen unabgeschlossenen Handlungsstränge lassen einen irritiert zurück. Auch das Ende, das man sich schon nach wenigen Minuten denken kann, ist leicht enttäuschend. Nichtsdestotrotz hat der Spielfilm auch seine Stärken. Durch die geschickte Führung der Kamera, die die Protagonisten über weite Strecken begleitet, wird einem der Eindruck vermittelt, mitten im Geschehen zu sein. Außerdem wurde an sehr passenden Orten gedreht.
Der Titel THE SLEEPING BEAST ist ziemlich irreführend. Besser passt meiner Meinung nach der estnische Originaltitel TAGURPIDI TORN, was übersetzt DER UMGEKEHRTE TURM bedeutet.
Die Farben des Films sind sehr bunt, erst gegen Ende hin gibt es Nachtszenen, um die Spannung aufzubauen. Leider ist die Handlung oft nicht nachvollziehbar. Kinder werden zu Monstern, obwohl es keinerlei Grund dazu gibt, liebevoll eingeführte Charaktere werden einfach vergessen. Auch die Konsequenzlosigkeit schlimmer Taten lässt einen Stirn runzeln.
Gute Ideen mit teilweise gescheiterter Umsetzung.
„Rauch in der Lunge” von Sabrina, 13 Jahre
Mit Rauch in der Lunge rettet sich der 10-jährige Kristjan kurz vorm Sterben, als die Feuerwehr kommt.
Den Höhepunkt von der Geschichte wird man so rasch nicht vergessen. Der Junge Kristjan ist häufig mit seiner 5er-Clique in einem verlassenen Turm unterwegs. Nicht nur ihre Mütter verbieten es ihnen in den Turm zu gehen, auch der Wächter des Turmes wirkt abweisend gegenüber den Kindern und er braucht auch nur ein paar Sekunden, bis er stinksauer wird. Es scheint so, als wäre der Wächter am Anfang des Filmes der Böse, doch das verändert sich ganz schnell. Kinder müssen nicht immer die Braven sein. Die Kinder wollen sich rächen und bringen den Wächter in große Gefahr. Jetzt geht es um Leben und Tod.
Was ich ausgezeichnet am Film finde, ist, dass die Bildqualität besonders gut ist, mit total schönen, grellen Farben. Auch die Kameraarbeit ist beeindruckend: Meistens fühlt man sich durch die Kameraführung als ein*e Beobachter*in und als wäre man mitten im Film drinnen. Man merkt wie neu die Qualität ist, dagegen kommen manche Sprüche vor, die doch ganz schön altmodisch sind. „Everybody knows that boys will be boys“ – das sagt Kristjans Vater zu Kristjan, als dieser einen seelischen Zusammenbruch hat.
Was ich nicht gut finde, ist, dass mir im Film die bestimmte Spannung fehlt. Ich hätte mir gewünscht, dass man sich nicht schon am Anfang das Ende im Kopf ausmalen kann. Ich denke, es kommt drauf an, aus welcher Perspektive man den Film anschaut: Ob du dich in eine Person reinversetzt? Oder ob du dir den Film von außen anschaust?
In meinen Augen wäre der Film ab 12 am besten geeignet. An sich ist der Film harmlos, doch da jüngere Kinder viele Szenen gedankenlos nachmachen könnten, ist hier für den Schutz von Kindern eine Altersfreigabe für Jüngere nicht empfehlenswert.
Eine Geschichte voller Spaß, Versprechen und Nahtod zeigt THE SLEEPING BEAST.
„Stillschweigen” von Stine, 15 Jahre
Einen Menschen in einer Grube gefangen halten. Was sich anhört wie ein schlechter Roman wird in diesem Film Wirklichkeit. THE SLEEPING BEAST erzählt die Geschichte einer jungen Freundesgruppe, die die Idee nicht ertragen können, nicht im Industriegelände ihres Dorfes spielen zu dürfen. Als der Wächter der stillgelegten Fabrik in einen leeren Brunnen fällt, steht fest, dass davon niemand erfahren darf.
Wenn man diese Einleitung hört, denkt man an einen atemberaubenden Thriller, der vor Spannung kaum auszuhalten ist. Doch genau diese Eigenschaft hat THE SLEEPING BEAST nicht. Trotz der ständigen Versuche, den Film in eine spannende Richtung zu lenken, entwickelt sich keine Geschichte, sondern nur die nächste Enttäuschung. Denn Kristjan, die einzige Person der Gruppe, die an der Entscheidung, Stillschweigen zu bewahren, zweifelt, ändert nichts an der Situation des Mannes. Somit ist die Lösung des Problems, eines in einer Grube liegenden Mannes, zum Greifen nah, doch wird durch verschiedenste „Zufälle“ wieder verbaut. Als Grund für das erschreckende Verhalten der Kinder lassen sich die Wunschvorstellungen und stereotypischen Rollenbilder, die die Eltern auf ihre Kinder projizieren, und Verwahrlosung, ausgelöst durch zu viel Zeit allein, verstehen.
Der Film versucht am Anfang, den Wächter in eine Rolle des Bösen und Perverslings zu drängen, indem alte Dorfgerüchte am Leben gehalten werden. Damit soll im Verlaufe des Films die Grenze zwischen Gut und Böse verschwimmen, doch dies gelingt nicht. Der Wächter tut den Zuschauer*innen von Anfang an der Geschichte leid, da er sich schlecht ausdrücken kann und das ganze Dorf von ihm Abstand hält. So wartet der*die Zuschauer*in nur auf die Befreiung des „Dorftrottels“, was den Film anstrengend und unangenehm macht. Auch das Ende, in dem Kristjan plötzlich zum Gejagten seiner ehemaligen besten Freunde wird, schafft es nicht den Film zu retten, sondern versucht durch die ständige Aufrechterhaltung der Spannung einen Teil des Films aufregend darzustellen – was nicht gelingt, sondern nur einen guten Spannungsbogen verwehrt. Durch die Beobachtungsrolle der Zuschauer*innen, die durch eine Art Versteckspiel der Kamera hervorgerufen wird, fällt allerdings auch eine Stärke des Films auf. Viele der Klischees und Rollenbilder, die vor allem durch die Eltern und Väter mit toxischer Männlichkeit aufrecht gehalten werden, schafft es der Film durch interessante Charakterzeichnungen von Jungen- und Mädchenfiguren zu hinterfragen.
Filmkritik zu KURZFILMPROGRAMM 4
Filmkritik zu HOT ROD von Ronja, 13 Jahre
46° und es wird noch heißer
Frankreich, 2035. Neue Hitzewellen durchfluten das Land. Um wenigstens den CO²-Ausstoß zu verringern, lässt die Regierung alle noch mit Benzin funktionierenden Autos abschleppen. Schlecht für Saadias Mutter, die als Taxifahrerin nun ihren Job auf Eis legen muss. Kurzerhand beschließen Saadia und ihre Freunde, etwas dagegen zu unternehmen und Ersatz auf die Beine zu stellen.
Trotz der Anspannung durch den Arbeitsverlust wirkt der Film nicht düster oder bedrohlich. Man merkt kaum einen Spannungsaufbau. Doch das beeinträchtigt den Kurzfilm kaum. Viel mehr arbeitet er mit Witz und vielen lustigen Szenen. Auch wenn man im Hinterkopf immer die hier beschriebene, reale Bedrohung durch den Klimawandel hat.
Farblich ist der Film sehr bunt, aber eher Richtung sepia gehalten. Das vermittelt einen schwülen und heißen Eindruck und lässt einen gut verstehen, dass in jedem Haus eine Klimaanlage steht. Der Spielfilm von Juliette Gilot arbeitet aber auch mit passender Musik und einem glaubhaften Schauspiel der Protagonisten, die mal cool und selbstbewusst und mal ungläubig und fassungslos rüberkommen. Außerdem verbindet er in seinen 17 Minuten neue, spannende Ideen mit altbewährten Techniken. Alles in allem also ein sich lohnender, interessanter Kurzfilm!
Filmkritik zu HARTA von Sabrina, 13 Jahre
Die Entscheidung
Ein Tag, den gibt es nur einmal im Jahr – Geburtstag!
Carmela ist 12 Jahre alt geworden. An dem Tag trifft sie eine Person, die die meisten im Leben wichtig finden, ihren Vater. Da ihre Eltern getrennt sind, verbringt sie den Tag mit ihrem Vater zusammen. Carmela kommt mit sehr großem Respekt zu ihrem Vater. Ihr Vater versucht ihr zu helfen, eine wichtige Entscheidung zu treffen, und ihrem Vater ist es auch bewusst, dass ihre Mutter es ganz und gar nicht gut finden wird. Außerdem kommt ihr Vater nicht immer so gut klar mit ihr, und weiß in seiner Vaterrolle auch nicht, wie er richtig mit ihr kommunizieren soll. Nachdem ihr Vater oft genug mit ihr im falschen Ton gesprochen hat, nimmt Carmela ganzen Mut zusammen und tut etwas wirklich Gewagtes.
Was ich großartig am Kurzfilm finde, ist, dass die Geschichte total realistisch rüberkommt, denn die Szenen können auch ganz einfach im realen Leben passieren und es kommen auch keine unrealistischen Gestalten vor. Auch die Stimmung des Kurzfilmes wirkt total bedrückend, da es eine langsame und leise Hintergrundmusik gibt, die perfekt zum Film passt. Im ganzen Film über gibt es eine steigende Spannung, deshalb kann man sehr gut mitfiebern.
Negativ ist mir aufgefallen, dass der Kurzfilm ein offenes ende hat. Denn ich mag es überhaupt nicht, wenn sowohl Langfilme als auch Kurzfilme ein offenes Ende haben, deshalb ist es ein Kritikpunkt in meiner Sicht.
Der Kurzfilm war insgesamt absolut aufregend, mit viel Spannung, einer wehrhaften Hauptfigur und selbstständigen Entscheidungen.
Filmkritik zu CLARA IS GONE von Stine, 15 Jahre
Simon est à la recherche
CLARA EST PARTIE, engl. CLARA IS GONE, ist ein Titel, der nicht zu dem Kurzfilm passt, der Simon anstatt Clara als Hauptfigur darstellt. Simon macht sich auf die Suche nach Clara, doch diese gerät immer weiter in den Hintergrund des Geschehens, das sich der Verzweiflung in Simons Suche verschrieben hat. Doch dass Simon nach seiner besten Freundin sucht, bekommt man als Zuschauer*in kaum mit, da diese Suche nur aus Fahrradfahren von Simon besteht. Erst als ein anderer Freund ihm sagt, dass das, was er tut, keinen Sinn macht, versteht auch der*die Zuschauer*in, warum Simon ständig neue verlassene Orte aufsucht, die keinen Kontext zum aktuellen Geschehen haben.
Was den Film visuell aufwertet, sind die starken Farben, die sich zum einen in den Pullovern der Kinder und zum anderen in ihrer Umgebung wiederfinden. Leider kann dieses schöne Szenenbild nicht das löchrige Drehbuch ausgleichen, in dem Simon seine Freundin mehrere Male nach Asthma-Attacken in Form von Halluzinationen sieht. Das Drehbuch ist an einigen Stellen nicht nur löchrig, sondern auch vollkommen sinnfrei und sinnlos. Beispielsweise wird der Film oft durch lautes und für den*die Zuschauer*in anstrengendes Flüstern unterbrochen und Simon flüchtet vor der Polizei, obwohl er dafür keinen ersichtlichen Grund hat. Das plötzliche Ende lässt die Zuschauenden fragend zurück, wenn Simon, den man sich durch sein Asthma und seine Alpträume in keiner Heldenrolle vorstellen kann, auf übernatürliche Art und Weise Clara sieht und dann angsterfüllt die Polizeiwagen, die ihn passieren, beobachtet. Wenn sich Zuschauer*innen am Ende des Kurzfilms Gedanken über diesen machen, verstehen sie nicht, warum Simon nach Clara sucht, obwohl es keinerlei Spuren gibt. Nicht mal das offene Ende kann die Fantasie der Zuschauenden aufwecken, da der Kurzfilm so verwirrend ist.